Haushaltsrede 2023
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Haushaltsrede 2023 – bei der Vorbereitung dieser Rede und der Durchsicht unseres vorliegenden Haushaltsplans wurde mir klar, dass diese Rede im Vergleich zu meinen bisherigen 8 vorhergehenden Haushaltsreden diejenige ist, die die bisher größte Herausforderung darstellt:
Wo stehen wir am Ende des Jahres 2022? Mit Sicherheit an einem Punkt, der zahlreiche teilweise nicht vorhersehbare Entwicklungen der letzten Monate im Auge behalten muss und letztlich nur mit der Situation anlässlich der Weltfinanzkrise vor mehr als 10 Jahren vergleichbar ist. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen "die Lage war noch nie so ungewiss, wie heute". Die politischen Entwicklungen der Welt, im Bund und im Land lassen den Haushalt 2023 bei vielen Stellschrauben als reine Prognose dastehen. Albstadt ist die größte Industriestadt im Zollernalbkreis, deshalb kann die Beschlussfassung über den heute vorliegenden Haushalt in Hinblick auf Ukrainekrieg, Corona Folgen, Rezession und Inflation lediglich als "Blick in die Kristallkugel" gewertet werden. Dies insbesondere deswegen, da der Haushalt diesen Entwicklungen mit teils recht positiven Berechnungen gegenüber steht. Das sowohl hinsichtlich der kommenden Tarifabschlüsse, steigender Rezession, der Lage auf dem Baumarkt und vielem anderen. Vieles ist ins Rutschen geraten, aus einem Gespräch mit der Kreishandwerkerschaft höre ich unlängst, dass etwa 50 % der privaten Baumaßnahmen für die kommenden Jahre im Moment in Hinblick auf die wirtschaftliche Lage auf der Kippe stehen. Dies wird potenziell auch auf unseren Haushalt durchschlagen, so dass ich – wie wir alle – hoffe, dass unsere Kristallkugel, die heute zur Beschlussfassung ansteht, die kommende Wirklichkeit möglichst genau abbildet.
Gerade in solchen Krisenzeiten muss die öffentliche Hand in der Regel investieren. Mit dem heutigen Haushalt tun wir dies zwar mit Augenmaß, hingegen allerdings bis an den Rand des auch gegenüber kommenden Generationen Vertretbaren. Das zeigt sich insbesondere in Hinblick auf die bereits jetzt – bei positiven Grundannahmen entstandene – deutlich anwachsende Neuverschuldung unserer Stadt in der mittelfristigen Finanzplanung, die dem heutigen Haushalt gleichfalls beiliegt. In den kommenden Jahren laufen wir Gefahr uns schnell an die Schuldenobergrenze je Einwohner heranzutasten, die anlässlich der Finanzkrise von dem Vorgängergremium festgelegt worden ist. Vor diesem Hintergrund muss bei Fortschreiten der krisenhaften Situation für die Folgejahre über weitere Einsparungen und evtl. pauschale flächendeckende Einsparungsmaßnahmen über alle Dezernate nachgedacht werden.
Die entscheidende Frage des heutigen Tages ist also: Investieren wir richtig – nicht nur für den Konsum und die laufenden Pflichtausgaben, sondern verwenden wir das Geld, das uns für die Bewältigung von Zukunftsaufgaben noch zur Verfügung steht, richtig? Investieren wir dort, wo dies für die Lebensqualität, für die Infrastruktur, für die Nachhaltigkeit und für den Erhalt der Attraktivität des Standortes am Notwendigsten ist? Wie immer, dieses Mal aber verschärft, gilt: Es ist nicht alles möglich, was wünschenswert ist. Wir müssen priorisieren.
Der bereits vor Jahren festgelegte Investitionsschwerpunkt in Bildung und junge Generation ist nach wie vor richtig gewählt. Die letzte Gemeinderatssitzung und unsere intensive Diskussion betreffend der erschreckenden Kostenexplosion für unsere Investitionen in das Schulzentrum Lammerberg machen deutlich, dass unser Spielraum für weitere notwendige Projekte in dieser Stadt aufgrund einer Kostenexplosion von knapp 20 Millionen Euro im Mindestmaß weiter eingeschränkt wird, ebenso wie durch Kostensteigerungen bei anderen Bauvorhaben der Vorjahre. Festzuhalten ist, dass diese Entwicklung über Jahre hinweg finanzielle Probleme bereiten wird. Das im Übrigen bei – allen Bekenntnissen zum Bürokratieabbau zum Trotz – fortlaufend mindestens gleichbleibenden oder sogar größer werdenden Pflichtaufgaben, die wir als Kommune "von oben" zugewiesen erhalten und schlicht erfüllen müssen.
Umso mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren, gilt es, die oft beschworene Priorisierung durchzusetzen – dies in einer Zeit, in der der Sanierungsbedarf maroder Technik und Infrastruktur gerade bei den kommunalen Gebäuden nicht geringer, sondern größer, wird. Auch hier darf ich an die Diskussionen der zurückliegenden Monate erinnern.
In Zusammenhang mit dem heutigen Haushalt muss deshalb die Frage gestellt werden, welche Schwerpunkte bei derart unsicherer Lage überhaupt noch gesetzt werden können? Trotz großer Erwartungshaltung in der Bevölkerung und trotz anlaufenden Oberbürgermeisterwahlkampfs müssen wir uns hier ehrlich machen und den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt die Wahrheit sagen:
Dringend Notwendiges wird teilweise über Jahre zu strecken sein, nicht unbedingt Notwendiges möglicherweise bis auf weiteres nicht verwirklicht werden können. Jede andere Aussage wäre schlicht Augenwischerei.
Über das ganze Werk betrachtet, möchte ich nur einige wenige Punkte herausgreifen, die aus unserer Sicht einer zutreffenden und vordringlichen Priorisierung unterliegen. Dies müssen bei einer Gott sei Dank in Albstadt wieder ansteigenden Einwohnerzahl natürlich die Zukunftschancen junger Familien und der jungen Generation in unserer Stadt sein. Die Investitionen im weiteren Ausbau von Kindertagesplätzen, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen sind deswegen zwingend. Nicht in Vergessenheit geraten darf deswegen, dass wir insbesondere im Talgang und in Onstmettingen hier nach wie vor große Aufgaben zu schultern haben. Ich bin deshalb froh, dass es noch im alten Jahr gelungen ist, für den neuen Kindergarten Schwabstraße in Onstmettingen eine Perspektive zu schaffen. Weniger vertrauenserweckend ist es allerdings, wenn schon präventiv angekündigt wird, dass auch hier zweifellos mit Kostensteigerungen zu rechnen sein wird. Das lässt Befürchtungen wachsen, die wir als Gemeinderat im Auge behalten müssen.
Gar nicht umhin kommen wir darüber hinaus um die Sanierung unserer teilweise nach wie vor maroden Hallen – sei es zu sportlichen oder kulturellen Zwecken. Auch in diesem Bereich schränkt uns allerdings das Kostenpotenzial Lammerberg weiter ein. Gleichwohl dürfen wir auch hier den Bürgerinnen und Bürgern nicht Sand in die Augen streuen: Aus eigenen Mitteln wird die Finanzierung der von vielen Seiten so dringend gewünschten neuen, modernen, Veranstaltungshalle über Jahre nicht möglich sein. Soweit wir also keinen anderen Weg finden, wird das angedachte "Provisorium" der Ertüchtigung der Zollernalb Halle als Veranstaltungshalle keine Kurzeitlösung sein, sondern eine solche, mit der wir über Jahre hinweg leben müssen. Auch die Beschlussfassung unseres Gremiums im vergangenen Jahr zu Thalia und Festhalle Ebingen muss deswegen nochmals überdacht und fortgeschrieben werden. Eine zeitgerechte Kultur- und Veranstaltungshalle ist für die größte Stadt im Zollernalbkreis wünschenswert und wichtig. Nicht als Kopie von Stadthallen, die im näheren Umfeld unserer Stadt bereits existieren, sondern zur Sicherung von Kunst, Kultur und Veranstaltungsmöglichkeiten, die in unser spezielles, albstadtspezifisches, Konzept passen. Vor diesem Hintergrund regen wir ausdrücklich an, hier die Fantasie weiter spielen zu lassen und gerade auch in Bezug auf die von uns allen gewünschte Aufwertung der Ebinger Innenstadt nochmals intensiv nach geeigneten Standorten zu suchen, ebenso intensiv allerdings auch Finanzierungsmodelle gemeinsam mit privaten Investoren zu suchen. Es gibt in unserer Stadt noch zentrale Flächen und es gibt ebenso Investoren, die bereit sind, hier mit Flächen und mit Finanzen ihren Beitrag zu einer guten Zukunftsentwicklung unserer Heimatstadt zu leisten. Die Verwaltung muss diese Ressourcen in unserer Stadt erkennen und nutzen. Auch dies ist Auftrag im kommenden Haushaltsjahr. Nachdem sich die Rahmenbedingungen seit der Beschlussfassung im vergangenen Jahr so geändert haben, ist auch in diesem Bereich nochmals neu nachzudenken. Ungeachtet dessen, dass das eingeleitete Bürgerbegehren zum Erhalt des Thalia rechtlich unzulässig ist, sollten wir nicht mit einem „also jetzt erst recht“ reagieren, sondernd das Engagement vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger ernst nehmen und über die Thalia-Frage nochmals neu diskutieren. Dies erst recht dann, wenn das Vertrauen in die von Seiten der Verwaltung gelieferten Zahlen zu Kosten von Baumaßnahmen doch beträchtlich gelitten hat. Zunächst noch nicht abreißen und neu diskutieren bringt keine Nachteile, sondern trägt dem Diskussionsbedarf in der Bevölkerung Rechnung.
Ebenso wenig – ein positiver Aspekt des heutigen Haushaltes – dürfen wir die Förderung des Ehrenamtes in unserer Stadt vernachlässigen. Dies gilt sowohl für Kultur- wie auch Kunst und sporttreibende Vereine, ebenso wie Feuerwehren und soziale Einrichtungen. Ohne die vielen ehrenamtlichen Tätigen in unserer Stadt ginge schon heute nichts mehr. Das bedeutet für uns ganz klar, dass an der Förderung des Ehrenamtes in Zukunft nicht gerüttelt werden darf. Nein, es muss endlich ernst gemacht werden mit dem jahrelangen Versprechen, die Struktur der Vereinsförderung in unserer Stadt grundsätzlich zu überdenken und ggf. zukunftsgerecht in auch für Vereinen schwierigen Zeiten zu gestalten. Dies gilt im Übrigen auch für die "Sportstadt Albstadt", deren Existenz und Schwerpunktsetzung niemand in Frage stellt. Der Wegfall des Großereignisses "Mountainbike" gemeinsam mit der UCI und der richtige Verzicht auf künftige Bewerbungen für die Ausrichtung muss deshalb auch als Chance für die Neuaustarierung der Schwerpunkte in der Sportstadt Albstadt begriffen werden. Dies keinesfalls ohne Radsportereignisse, für die wir ja die Infrastruktur geschaffen haben, sondern für eine breitere Aufstellung unserer Sportstadt bei weiteren Sportarten, die bisher möglicherweise zu kurz gekommen sind.
Meine Damen und Herren, bei all diesen beschriebenen Schwierigkeiten ist doch eines besonders wichtig:
Gerade in schwierigen Zeiten gilt es, das Albstädter "Wir-Gefühl" zu stärken. Dies nach außen mit der Fortführung eines konsequenten und professionellen Stadtmarketings. Vor allem aber – hier besteht weiter Handlungsbedarf – auch nach innen. Wir müssen es schaffen, dass die Albstädterinnen und Albstädter wieder stolz auf ihre Stadt sind und dies auch nach außen kommunizieren. Alle Umfragen, die wir in der Vergangenheit in Auftrag gegeben haben, zeigen, dass der weit überwiegende Teil unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger "gerne" in Albstadt lebt. Wenn dem so ist, dann müssen wir dieses Albstädter Selbstbewusstsein auch nach außen wieder stärken. Dies vor allem auch im Zollernalbkreis, dessen Haushalt wir als größter Zahler mit 1/3 mitfinanzieren. Hier tut also Handeln Not: Das gelingt nur, wenn Vorschläge und Anregungen – aber auch Kritik – aus der Bürgerschaft seitens der Verwaltung und dieses Gemeinderats auf Augenhöhe angenommen, diskutiert und auch ernst genommen werden. Man sollte meinen, dies verstehe sich von selbst, die Wahrnehmung der Einwohnerschaft ist aber manchmal eine etwas andere. Deshalb muss auch an der Kommunikation der Verwaltung mit dem Gemeinderat und der Bürgerschaft gearbeitet werden: Um nur ein Beispiel zu nennen: Wir waren alle fast einstimmig für die Einführung der Übernachtungssteuer. Dabei bin ich sicher nicht der Einzige hier, der davon ausgegangen ist, dass die betroffenen Beherbergungsbetriebe in die Diskussion eingebunden werden. Wenn nunmehr offenbar wird, dass die künftigen Steuerzahler von dem Projekt erstmals aus der Presse erfahren, dann ist dies – vorsichtig formuliert – „suboptimal“. Das gilt im Übrigen auch für den fortlaufenden Dialog und Meinungsaustausch der Verwaltungsspitze mit unseren Unternehmen in Industrie, Handwerk und Handel ganz allgemein.
Und in diesem Zusammenhang ist eine weitere Selbstverständlichkeit anzusprechen, die als solche nicht immer wahrgenommen wird: Es ist völlig klar, dass die Gesamtstadt Albstadt nur dann funktioniert, wenn sich Albstadt als Summe aller seiner gleichberechtigten Stadtteile und auch dies auf Augenhöhe versteht. Mit Sorge nehme ich wahr – auch in Hinblick auf den anstehenden Wahlkampf –, dass es Tendenzen gibt, einzelne Stadtteile gegeneinander auszuspielen. Dies schadet der Stadt und darf keinesfalls geschehen.
Natürlich ist dies keine neue Erkenntnis sondern versteht sich eigentlich von selbst. Gleichbehandlung aller Stadtteile bedarf aber auch der ehrlichen Ansprache, dass es in Zeiten begrenzter Haushaltsmittel gerade nicht möglich ist, überall alles gleichzeitig zu tun, was wünschenswert ist. Kein Stadtteil darf bei dringenden Maßnahmen benachteiligt werden, und dennoch gilt es auch hier zu priorisieren.
Das ist in der Vergangenheit gut gelungen: Über Jahre hinweg galt: "Jetzt ist Tailfingen dran". Dieses Versprechen ist nicht allein auf dem Mist der Verwaltung gewachsen, sondern entsprach dem übereinstimmenden Willen dieses Gremiums, der von der Verwaltung mittlerweile umgesetzt wurde. Als Beispiele darf ich nur die Technologiewerkstatt mit ihrer Erweiterung, die neue Mitte in Tailfingen mit Edeka und die allgemeine noch nicht abgeschlossene Aufwertung des Talgangs nennen.
Nun gibt es Handlungsbedarf in einem neuen Schwerpunkt: Wir alle waren uns gemeinsam mit der Bürgerbeteiligung darüber einig, dass der größte Ortsteil Ebingen mittlerweile genauso dringlichen Sanierungsbedarf aufweist. Deswegen ist es ein Glücksfall, dass noch die alte Bundesregierung einen Zuschuss von 3,5 Millionen für die Neugestaltung der Ebinger Innenstadt bewilligt hat. Ein Glücksfall ist es deswegen auch, dass es uns gelungen ist, den Fokus weg allein von der Frage "Ebinger Hufeisen mit Parkplätzen oder ohne" zu lenken und den Blick auf die gesamte Ebinger Innenstadt zu richten. Umfragen zeigen auch, dass der Großteil der Albstädter Bürgerinnen und Bürger den Ortsteil Ebingen als Zentrum Albstadts sieht. Dies mag so sein oder auch nicht, gleichwohl ist Handlung dringend geboten:
Sicherheit und Sauberkeit – in Ebingen, wie in Gesamtalbstadt – ist lange vernachlässigt worden. Ich bin zutiefst dankbar, dass dieser Gemeinderat in einer der letzten Sitzungen das insbesondere von der CDU-Fraktion angeregte Konzept – mit insgesamt 4 weiteren Personalstellen und erheblichem Kostenaufwand auch für das kommende Haushaltsjahr – beschlossen hat. Dies ist zweifellos mit Aufwand in sechsstelligem Umfang jedes Jahr nicht billig. Wenn wir aber Schwerpunkte setzen, dann gehört Sicherheit und Sauberkeit mit in den Mittelpunkt einer zukunftsfähigen Stadt. An diesem Aspekt sind wir dementsprechend auf dem richtigen Weg.
Ergänzt werden muss dies aber nunmehr mit Umbau und Neugestaltung Ebingens, um die zentrale Funktion des größten Ortsteils wieder herzustellen. Ausdrücklich nicht allein im Hufeisen und der Unteren Vorstadt, sondern weit darüber hinaus. Und dabei gilt es – wie bereits mit den Workshops eingeleitet – alle Bevölkerungsschichten mitzunehmen, um die in Ebingen vorhandene Abwärtsspirale zu durchbrechen, neue Aufenthaltsräume und Aufenthaltsqualität zu schaffen, höherwertige Gastronomie statt einer Vielzahl von Imbissbuden zu stützen und neu anzusiedeln und damit auch unseren bestehenden Einzelhandel in der Ebinger Innenstadt von diesem Erlebnischarakter profitieren zu lassen. Dazu gehören kleine Maßnahmen, wie ein offenes Ohr für die Belange des Handels auch wenn es nur um vermeintliche Kleinigkeiten wie "Beleuchtung der Innenstadt" geht, aber auch Berücksichtigung größerer Anliegen sowohl des Handels, wie eindeutig auch der Bevölkerung: Mag unsere Innenstadt vor 20 Jahren noch zukunftsweisend gewesen sein, so ist sie es heute nicht mehr: Der Aspekt der Begrünung, das Urban Gardening und der Aufwertung sowohl mit weiteren Grünflächen, wie auch Spielplätzen, ist zentral für den Erfolg des Projektes und zentral auch in einer Zeit des Klimawandels und der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen. Auch dabei bedarf es des Voranschreitens mit städtischen Gebäuden, aber auch des Einbeziehens aller privaten Investoren.
Die Bürgerbeteiligung zu diesem Bereich läuft. Entscheidend für die Motivation zahlreicher Mitbürgerinnen und Mitbürger ist aber, dass dieser Bürgerbeteiligung auch der wichtigste Aspekt dann folgt: Dieser lautet schlicht "Umsetzung". Die laufenden Maßnahmen dürften nicht nur zu Ordnern mit guten Ideen in den Schränken der Gemeinderäte und der Verwaltung werden, nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade im Interesse der mitarbeitenden Bürgerinnen und Bürger ist es entscheidend, dass sichtbar und zeitnah konkrete Taten folgen.
Im Übrigen erfordert dies auch ein Umdenken der Verwaltung selbst: Es braucht Augenhöhe mit den Bürgern. Wir brauchen weniger Ordnungsverwaltung, die jeweils prüft was nicht geht, stattdessen benötigen wir eine Ermöglichungskultur, die vor allem die privaten Initiativen unserer Einwohnerschaft unterstützt, wo immer dies möglich ist. Dies im Übrigen nicht nur im persönlichen Austausch, sondern vor allem auch in der Verschlankung von Verwaltungsabläufen. Oft zitiert in den letzten Jahren und dennoch noch nicht hinreichend umgesetzt ist deswegen der Aspekt "Digitalisierung der Verwaltung". Auch hier müssen wir nunmehr den vielen Worten kurzfristig Taten folgen lassen, um Frustrationserlebnisse in unserer Bevölkerung zu vermeiden.
Eine wichtige Rolle bei diesen Vorhaben spielen auch unsere Töchter AS-Wohnbau GmbH und Albstadtwerke GmbH. Für die Umsetzung der Zukunftsaufgaben sind diese unverzichtbar, nicht allerdings als "Melkkuh", sondern als Ideenschmiede und Innovationstreiber für die genannten Projekte.
Die Rolle der AS-Wohnbau kann und muss deutlich ausgebaut werden bei ökologisch und nachhaltigem Umbau unserer Innenstädte – um nur die Schlagworte "Begrünung, Erschließung innen vor außen, energetische Sanierung auf der Höhe der Zeit und im Kontakt auch mit der einheimischen Wirtschaft" zu nennen, auch wenn es um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in der Stadt geht.
Ebenso entscheidend ist die Rolle der Albstadtwerke bei der zwingend notwendigen Umgestaltung unserer Energie- und Wärmeversorgung der Zukunft. Die Entwicklung der letzten Monate zeigt, dass auch hier ein einfaches „Weitermachen wie bisher“ nicht in Betracht kommt. Selbstverständlich muss es zunächst darum gehen, unsere Bevölkerung sicher durch die aktuelle Krise zu bringen. Gefragt ist aber jetzt eine Vision für die künftige Energie- und Wärmestrategie unserer Stadt, die mehr auf Autarkie setzen muss. Dies ist nicht allein Aufgabe der Albstadtwerke, sondern alle, Stadt, Albstadtwerke, Wirtschaft und Private, sind gefragt. Die Fäden müssen hier aber sowohl bei der Stadt, wie auch bei den Albstadtwerken zusammenlaufen. Es muss eine zukunftsfähige Strategie entwickelt werden, regernative Energien, die in unserer Stadt ausreichend vorhanden sind, auch durch dezentrale Kraftwerke zu nutzen. Der richtige Zeitpunkt für Planung und Umsetzung dezentraler Energie- und Wärmeversorgung und den Einstieg in kommunale Wärmenetze ist jetzt. Auch das wird es in den nächsten 12 Monaten zu forcieren gelten.
Im Fazit:
Der Großteil der Bevölkerung wohnt in unserer Stadt gerne. Das muss aber auch so bleiben und das erfordert größte Anstrengungen der Politik und der Verwaltung. Und natürlich gibt es zweifellos schon viel Gutes in unserer Heimatstadt, das es gilt weiter besser zu machen. Wer aber wirklich die Zukunft gewinnen will, der darf sich nicht im Verbessern verlieren. Nein, meine Damen und Herren, Aufgabe einer zukunftsgerichteten Kommunalpolitik unserer Stadt muss es sein, den Blick zu schärfen nicht allein auf das Gute, sondern auf die neuen Probleme der Zukunft. Dies erfordert Bereitschaft, diese auch ehrlich zu benennen und anzugehen.
Denn darum geht in Wirklichkeit beim Haushalt 2023 und den folgenden Jahren:
Die Zeitenwende hat auch Albstadt erreicht: Wirtschaftlich, ökologisch und gesellschaftlich. Ein Rückzug in eine vermeintliche ländliche Wohlfühloase bringt uns deswegen nicht weiter – wir werden Albstadt bei allem Bewahren des Guten – was eine Selbstverständlichkeit ist - in vielen Bereichen schlicht ganz neu denken müssen. Nicht "weiter so" kann die Parole sein, sondern Innovation, Wir-Gefühl, Bürgerbeteiligung, die wirklich umgesetzt wird, und das Miteinander von Verwaltung und Bürgern digital und im direkten Kontakt. Es gilt in Zeiten der Krise eingefahrene Bahnen zu verlassen, wirtschaftlich und innovativ zu denken und Althergebrachtes auch in der Verwaltung zu hinterfragen.
Gerade die schwierige Haushaltslage zwingt uns zu solchem neuen Denken und wenn wir diese Herausforderung gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt auch annehmen, dann bewahrheitet sich, dass im chinesischen Sprachgebrauch das Wort "Krise" stets auch gleichbedeutend mit "Chance" gelesen wird.
Lassen Sie uns deshalb mutig sein und diese Chance gemeinsam nutzen! Der Haushalt 2023 stellt einen ersten – aber längst nicht den abschließenden – Schritt in diese Richtung dar. Es geht nicht allein um Zahlen – es geht vor allem auch um Aufbruch und Mut zu Veränderung in der Zukunft! Ausdrücklich vor dieser Prämisse wird die CDU-Fraktion zustimmen.
Lassen Sie mich zum Abschluss dieser Rede namens der CDU-Fraktion auch ganz herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung Albstadt, inklusive der Verwaltungsspitze, an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Tochterunternehmen und insbesondere auch an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtkämmerei für die große Mühe mit diesem Haushaltsplan aussprechen. Ungeachtet aller oftmals vorhandenen inhaltlichen Kontroversen und Diskussionen bedanke ich mich für das gute Miteinander in den zurückliegenden 12 Monaten und hoffe auf eine entsprechende Fortsetzung. Ihnen allen wünsche ich an dieser Stelle bereits ein frohes, besinnliches Weihnachtsfest und für das kommende neue Jahr alles Gute – bleiben Sie vor allen Dingen gesund!